Die Komplexitätsfalle im Alltag
Komplexität ist kein Monster. Aber sie hat Fangarme. Oft erwischen sie uns unbemerkt: eine Mail mit fünf neuen Anforderungen. Ein Kunde, der heute das Gegenteil von gestern will. Ein Meeting, in dem Probleme hin- und hergeschoben werden, bis alles noch unklarer wirkt.
Das Muster ist ähnlich: Wir grübeln („Wie soll das alles gehen?“), wir vergleichen („Andere schaffen das doch auch“), wir reagieren statt zu gestalten. Die Folge: Ohnmacht – nicht, weil wir nichts tun könnten, sondern weil wir die Dinge im falschen Rahmen betrachten.
Die drei typischen Fallen
- Katastrophenfalle: Wir sehen nur das Risiko – nicht die Option.
- Überforderungsfalle: Wir glauben, alles gleichzeitig lösen zu müssen.
- Schuld-Falle: Wir schieben Verantwortung nach außen – Politik, Markt, Kunden.
Alle drei lenken den Blick auf den Circle of Concern – also auf Dinge, die wir nicht beeinflussen können. Genau hier setzt Reframing an.
Die Brücke: Reframing
Reframing bedeutet: denselben Sachverhalt in einen neuen Rahmen stellen – nicht als Schönfärberei, sondern als gezielten Perspektivwechsel mit Folgen für unser Handeln.
- „Wir haben zu wenig Leute“ → „Wir priorisieren und arbeiten fokussierter als der Wettbewerb.“
- „Die Wirtschaft ist unsicher“ → „Die Zukunft ist offen – wir gestalten mit.“
- „Alles ist chaotisch“ → „Es ist Bewegung im Spiel – wir nutzen sie.“
Drei Schritte, die sofort helfen
1) Erkennen
Halte inne, wenn Gedanken kreisen und der Puls steigt. Nenne die Falle beim Namen: „Katastrophe“, „Überforderung“, „Schuld“. Dieses Benennen unterbricht das Muster.
2) Rahmen wechseln
Frag dich: Welcher andere Rahmen ist möglich? Statt Defizit → Fokus. Statt Bedrohung → Einladung. Statt Chaos → Chance. Formuliere deinen neuen Satz schriftlich.
3) Handeln
Ein neuer Rahmen ist nur so stark wie die Handlung, die er auslöst. Wähle heute einen konkreten Schritt: einen Kunden anrufen, eine Priorität klären, einen Mini-Prozess vereinfachen.
Beispiel: Fachkräftemangel
Falle: „Wir finden keine Leute, wir schaffen es nie.“ → Ergebnis: Stillstand.
Reframing: „Wir werden attraktiver, verschlanken Abläufe, testen neue Modelle.“ → Ergebnis: Handlung.
- Stellenanzeige neu schreiben – klar, knapp, mit Nutzenkern.
- Teilzeit-/Remote-Optionen prüfen und Prozesse entbürokratisieren.
- Team-Canvas: Was macht uns heute schon attraktiv? Womit starten wir innerhalb von 7 Tagen?
Concern, Influence, Control – in klarer Sprache
- Was wir nicht beeinflussen können (Concern): Politik, Weltwirtschaft, Regulierung.
- Was wir beeinflussen können (Influence): Führung, Kundenentscheidungen, Prozesse.
- Worauf wir direkt einwirken können (Control): unsere Haltung, unser Verhalten, unser Fokus.
Kern: Energie folgt Aufmerksamkeit. Wer im Concern kreist, erlebt Ohnmacht. Wer im Influence handelt, erlebt Wirkung – und dehnt den Einflussbereich Schritt für Schritt aus.
Fazit
Reframing ist kein Trick, sondern eine Haltung. Den Nebel nicht als Hindernis sehen – sondern als Einladung, den nächsten Schritt klar zu setzen. Komplexität bleibt. Aber die Falle verliert ihre Kraft, wenn du den Rahmen wechselst.
Die Welt zieht dich hinein – aber du entscheidest, wie du wieder herausgehst.
👉 Frage an dich: Welche Falle erwischt dich am häufigsten – und welches Reframing probierst du heute?