Es ist später Nachmittag, die Sonne senkt sich golden über den Comer See. Auf der Terrasse seines Ferienhauses steht ein Glas Rotwein, schwer und rund. Unter uns glitzert das Wasser, steil fällt der Hang ab, auf dem Franco Tomaso seit Jahrzehnten sein Refugium hat.
Wir sitzen nebeneinander, nicht gegenüber – wie alte Freunde. Und Franco, 75 Jahre alt, mit wachem Blick und den Spuren eines reichen Lebens im Gesicht, schaut hinaus. Erst auf den See, dann auf mich.
„Übergabe heißt Anfang“
Frage: „Franco, du hättest längst loslassen können. Was treibt dich an, mit 75 noch ein Zukunftsbild zu schreiben?“
Franco Tomaso: (lächelt) „Weißt du, die meisten denken: Übergabe heißt Schluss. Ich sage: Übergabe heißt Anfang. Als ich mein Unternehmen übergab, wollte ich nicht ins Leere fallen. Ich wollte wissen: Wofür stehe ich jetzt auf? Das Zukunftsbild war mein Weg, es herauszufinden.“
Vermächtnis – aber lebendig
Frage: „Aber du hattest doch alles erreicht – warum noch einmal so ein Schritt?“
Franco Tomaso: „Weil Erben mehr ist als Zahlen und Besitz. Ich wollte nicht nur etwas hinterlassen, ich wollte etwas weitergeben: meine Haltung, meine Energie, meine Geschichte. Ein Zukunftsbild ist wie ein Vermächtnis – aber lebendig. Es zeigt, wo das Feuer noch brennt, und es lädt die Nächsten ein, es weiterzutragen.“
Wir schweigen einen Moment, der Wind spielt mit den Blättern. Franco nippt an seinem Glas. Unten tuckert ein Boot vorbei.
Die Rolle des Seniors
Frage: „Was bedeutet Nachfolge für dich – aus Sicht des Seniors?“
Franco Tomaso: „Loslassen – ja. Aber auch: nicht verschwinden. Jeder Alte braucht eine Aufgabe. Keine Machtposition, kein Chefsessel mehr. Aber eine Rolle, die Sinn gibt. Wer diese Aufgabe nicht findet, stirbt innerlich. Ich wollte das nicht. Darum mein Zukunftsbild.“